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FoxPro
FoxPro Developer's Conference
'94
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Session 144
Praktische Umsetzung
von
Software-Ergonomie mit FoxPro
Dipl.Psych. Wolfgang Schneider
Beratung für Software-Ergonomie
Vorwort
Dies ist die Konferenzband-Version des
Vortrags. Sie soll Ihnen eine Hilfe für das Generieren von
ergonomischen Oberflächen sein. Die geschilderten Arbeitschritte
können Ihnen einen Eindruck geben, wie Sie für Ihre Oberfläche
ergonomisch/ökonomisch vorgehen können. (An dieser Stelle soll
auf Gestaltungsbeispiele verzichtet werden, die gibt's im
Vortrag. )
Es wird immer wieder der Wunsch nach einer
definierten Vorgabe für Masken hervorgebracht in dem Sinne, das
Feld an dieser Stelle, jenes an einer anderen. Dies ist aber nur
für Programme sinnvoll, die identische Funktionalität haben.
Zudem soll sich Ihr Programm doch von anderen unterscheiden,
oder?
Also werden wir uns in den nachfolgenden
Arbeitsschritten auf Vorschläge konzentrieren, die Ihnen helfen,
selbst ergonomisch Oberflächen gestalten und Entscheidungen
treffen zu können.
Inhalt
Der Inhalt dieses Vortrags basiert auf
Erfahrung, die in vielen Beratungsstunden gewonnen wurde. Leider
muß man immer wieder selbst ausprobieren, wie man ad hoc
Ergonomie umsetzt. Dies hängt nicht zuletzt davon ab, wie gut
man sich in die Ergonomie einarbeiten kann. Mit den nachstehenden
Arbeitsschritten wird Ihnen dieses leichter fallen.
Sie werden sehen, daß es einfach ist,
Ergonomie umzusetzen. Es ist auch nicht notwendig, am Anfang
alles hundertprozentig zu machen. Anwender sind da sehr
verträglich. Im Laufe der Zeit, bei genügender Flexibilität
und dem Willen, so benutzerorientiert wie möglich zu sein,
bekommen Sie ein Gefühl für die Problematik und Ihre Anwendung
wird sich dem ergonomischen Optimum nähern.
Folgender Inhalt erwartet Sie:
Für die geplanten Arbeitsschritte brauchen wir
eine Übersicht über folgende ergonomische Unterlagen.
Diese Unterlagen gibt es:
- Style Guidelines: Style Guidelines
sind von den Herstellern der Entwicklungsumgebungen
verfaßte Regeln, wie die Oberfläche möglichst
produkteinheitlich mit vorhanden Tool-Kits gestaltet
wird. Der Windows-Style-Guide gibt z.B. vor, wie Sie
Ihre Oberfläche so gestalten können, daß sie eben
nach Windows aussieht. In den Guidlines gibt es
mittlerweile viele gute ergonomische Ratschläge,
allerdings werden Sie mit den meisten Design-Fragen
alleine gelassen.
Die Guidlines sind wichtig, wenn Sie
z.B. eine graphische Oberfläche konzipieren wollen. Dort
lernen Sie nämlich, welche Dialogelemente wie
Checkboxes, Buttons oder ähnliches bei welcher
Funktionalität Sie an welcher Stelle einsetzen dürfen.
Hier empfiehlt es sich, auf jeden Fall diese
"Einsatz-Regeln" zu berücksichtigen, um
Konsistenz in der Oberfläche zu erlangen.
- Ergonomie-Checklisten auf
wissenschaftlicher Basis: Hier steht detailliert das
drin, was Sie an konkreten Hinweisen z.B. für die
Anordnung von Feld-Beschriftungen o.ä. brauchen und
was in den Style Guides nicht behandelt wird. Diese
Checklisten sind insofern als Ergänzung zu den Style
Guides wichtig.
- Normen: Zur Zeit gibt es zwei
"Regelwerke", die für Sie wichtig sind: 1.
Die EG-Richtlinie, 2. die ISO-Normen-Reihe 9241 Teil
10 bis 17. Die EG-Richtlinie wird in einer deutschen
Version herausgegeben (wenn sich das
Bundesarbeitsministerium einkriegt). Sie ist noch
"in Arbeit". Dies trifft auch auf die
ISO-Normenreihe zu, die dann zu DIN EN-Normen werden.
Allerdings ist gerade erst der allgemeine Teil 10
gültig geworden, der die Norm DIN 66234 Teil 8
ablöst (wenn Sie diese Normen nicht kennen - macht
nichts, Sie haben bis jetzt nichts verpaßt).
- Genaue Maskenüberprüfungen können
mit Teil 17 vorgenommen werden. Der ist leider auch
noch nicht fertig.
Das brauchen Sie also:
- Den Style Guide Ihrer
Entwicklungsumgebung für den konsistenten Einsatz
von Dialog-Elementen (im FoxPro-Fall den aktuellen
Windows-Style-Guide). Bezugsquelle: Microsoft (fallen
Sie den Leuten ruhig auf den Wecker, in dem Sie ein
kostenloses Exemplar anfordern, denn in der aktuellen
Version steht sowieso kaum was drin).
- Eine ergonomische Checkliste. Aus
meiner Sicht zu empfehlen, das Buch von Galitz:
Handbook of Screen Format Design. QED Information
Sciences, Inc., Wellesley, MA, 1994 (bis Teil 17
fertig ist).
- Die offiziell verabschiedete ISO 9241
Teil 10 für die allgemeine Dialoggestaltung. Sie
gibt es beim Beuth-Verlag in Berlin (DIN). Ebenso
alle offiziell erhältlichen Entwürfe, insbesondere
Teil 14, Menü-Gestaltung und Teil 16, Direkte
Manipulation-Dialoge für GUIs.
- Die deutsche Umsetzung der
EG-Richtlinie, zu bestellen beim Arbeitsministerium
in Bonn (sobald dort erhältlich).
Arbeitschritte für das
Masken-Design
Informationssammlung
Diese Ausgangs-Informationen haben Sie:
- Sie haben eine definierte Anzahl von
Feldern (durch Ihre Datenbank-Struktur), die der Benutzer
braucht.
- Sie haben eine bestimmte Anzahl von
Dialog-Funktionen (z.B. Vorblättern, Zurückblättern,
Speichern, OK, Abbrechen, etc.), die Sie dem Benutzer in
der Maske anbieten möchten.
- Sie haben ausnahmslos alle Formulare, die
der Benutzer als Arbeitsgrundlage hat und die er nach
Bearbeitung der Daten eventuell ausdrucken möchte.
Allgemeine Hinweise:
- Trennen Sie Ihr ergonomisches Vorgehen
für Masken auf in Gruppen: Z.B. Feldhäufigkeiten,
logische Gruppierungen von Feldern, Unteraufgaben des
Benutzers, Dialogfunktionen (in den folgenden Schritten
werden diese Punkte unterstrichen).
- Haben Sie nicht den Anspruch, alles auf
einmal umzusetzen. Akzeptieren Sie unklare Punkte.
Schreiben Sie sich die Punkte auf und befragen Sie
Benutzer erneut. Manchmal fällt ihm/Ihnen noch etwas
ein, was vergessen worden ist.
Es bleibt Ihnen nicht erspart, Sie müssen kurz
in Kontakt mit dem Benutzer treten. Ich kann Sie aber beruhigen,
für das folgende Masken-Design können Sie ansonsten weitgehend
selbständig arbeiten.
- Beschaffen Sie sich Informationen
über die Häufigkeit der Benutzung von Eingabefeldern.
Sie erhalten diese Informationen, in dem Sie den
Benutzer fragen. Beispiel: Welche
Informationen benötigen sie am häufigsten? Oder:
Welche Felder geben sie am häufigsten ein (würden
sie benötigen)?
- Falls Sie vom Benutzer keine Angaben
erhalten können, schauen Sie mindestens einem
Benutzer insg. ca. 8 Stunden beim Arbeiten zu (nicht
auf einmal!) und machen Sie sich Strichlisten. Es
lohnt sich. Die Liste beinhaltet alle
Datenbankfelder.
- Kalkulieren Sie wenigstens drei
verschiedene Benutzer ein. Am besten sind 5 bis 10
Benutzer (natürlich nicht alle mit 8 Stunden).
Meistens hat man ein Gefühl dafür, ob ein weiterer
Benutzer noch neue Erkenntnisse bringt oder nicht.
- Lassen Sie sich Zeit. Pro Benutzer
benötigen Sie 2, am besten aber 4 Stunden.
Selbstverständlich machen Sie geeignete Pausen bei
der Befragung. Befragen Sie nicht mehr als 4 Stunden
am Tag.
- Gehen Sie vorsichtig vor. Erklären
Sie dem Benutzer, daß Sie ihn gerne einbeziehen
möchten und auf seine Informationen angewiesen sind.
Erklären Sie ihm, daß seine Hinweise sehr wichtig
sind und versichern Sie sich der zukünftigen Hilfe
(Sie wollen mit ihm ja noch die Beta-Version
besprechen).
- Machen Sie sich über alle Aussagen
Notizen, am besten sind Tonbandaufnahmen.
- Bevor Sie befragen, orientieren Sie
sich an den nachfolgenden Arbeitsschritten.
2. Schritt - Bei existierender
Software oder einem benutzbaren Prototyp - Benutzer beobachten:
- Schauen Sie dem Benutzer bei der
Benutzung des Systems/beim Arbeiten zu und machen Sie
sich Notizen sobald Probleme bei der Benutzung
auftauchen (sagen Sie ihm vorher, daß Sie die
Software überprüfen wollen, nicht ihn). So können
Sie überprüfen, ob Ihre bei der Befragung und der
Formularbearbeitung gewonnen Informationen auch
stimmen.
- Nehmen Sie sich sowohl mit EDV
erfahrene Benutzer als auch unerfahrene Benutzer vor.
- Unterbrechen Sie, wenn Fehler gemacht
werden und fragen Sie nach den Gründen.
- Nehmen Sie eine gewöhnliche
Arbeitsaufgabe, die der Benutzer bearbeiten soll.
- Fragen Sie nach
Verbesserungswünschen. Erwarten Sie nicht, daß der
Benutzer sämtliche verbesserungwürdigen Punkte
liefert (dies betrifft übrigens auch die Hot-Line).
Der Benutzer kann sich in den wenigsten Fällen in
eine ergonomische Denkweise versetzen; er kann aber
für seine Arbeitsaufgabe wichtige Hinweise geben.
3. Schritt - Formularbearbeitung
überprüfen
Das Masken-Design orientiert sich im
wesentlichem an den vorhandenen Formularen. Allerdings sind
manche Formulare so schlecht gestaltet, daß sowohl
Formularvorlagen als auch auszudruckende Formulare nicht oder
nur schwer auf dem Bildschirm nachgebildet werden können und
sollten. Mit GUIs ist dies einfacher.
- Prüfen Sie also nach, ob
auszudruckende Formulare auch anders gestaltet sein
können, falls exisitierende (ergonomisch) schlecht
sind.
- Finden Sie in der Befragung oder
anhand von Formularen heraus, welche Felder
logisch gruppiert werden müssen und welche
Felder sonst irgendwie zusammengehörig sind (z.B.
von der Reihenfolge der Bearbeitung).
4. Schritt - Benutzeraufgaben
herausfinden:
- Erstellen Sie im Gespräch eine Liste
von Unteraufgaben des Benutzers: Z.B. Hauptaufgabe:
Auftragsformular erstellen, Unteraufgaben: Adressen
eingeben, Addressen einfügen, Kundennummer
heraussuchen, etc. Sie können den Benutzer konkret
danach fragen, er weiß mit Sicherheit Bescheid.
Manchmal muß er etwas überlegen, deswegen haben Sie
auch hier Geduld (kritisch ist die Bio-Systemzeit -
wie Sie wissen, ist die Leitungs- und
Schaltgeschwindigkeit von Nerven im Verhältnis zum
Computer gering).
5. Schritt - Dialogfunktionen
checken
- Überprüfen Sie, welche
Dialogfunktionen im Zusammenhang mit der Aufgabe am
häufigsten verwendet werden. Dies kann
beispielsweise das Abspeichern oder Ausdrucken von
Informationen sein.
Nun haben Sie ausreichend Informationen,
vor Ihrem Bildschirm ans Werk zu gehen.
Prinzipiell gibt es zwei Möglichkeiten,
mit Checklisten ans Werk zu gehen:
- Man nimmt einen Checklisten-Punkt,
z.B. vertikale Feld-Alignierung und überprüft damit
alle existierenden Felder (und Dialogbestandteile),
oder
- man nimmt ein Feld oder eine Gruppe
von Feldern und geht daraufhin alle Checklistenpunkte
durch.
Die erste ist am Anfang besser, um mit
Checklisten und Ergonomie vertrauter zu werden. Die zweite
Version bietet die Chance, später aus dem Kopf Masken zu
überprüfen, wenn man mit den Checklisten vertraut ist.
Ökonomisch ist, wenn man eine Referenz-Maske hat, in der
alles ergonomisch ok ist und die man als Vorlage für die
anderen Masken nehmen kann.
Tip: Verzichten Sie zunächst auf alle
3-D-Effekte, Schrifteneffekte, sonstige Highlightings. Machen
Sie Maskendesign pur - mit logischer Gruppierung und viel
Platz dazwischen.
- Entscheiden Sie sich, welche
Funktionen Sie mit Hilfe von Buttons, Icons oder
Funktionstasten in den Masken zu Verfügung stellen
wollen.
Tip: Nehmen Sie nicht zuviel Buttons oder
Icons (5-8 pro Anwendung reichen!). Lassen Sie den Benutzer
lieber mal was über das Menü machen.
- Ordnen Sie die Dialogfelder, z.B.
Listboxes oder Radiobuttons, der entsprechenden
Funktionalität zu. Hier ist es wichtig, sich genau
an den Style Guide zu halten!
- Sie können hier wieder nach den zwei
Möglichkeiten verfahren, Checklisten zu bearbeiten,
da der Style Guide meistens eine Checklisten-Form
hat.
Tips: Legen Sie z.B. nicht die Funktion
"Speichern" auf einen Radiobutton oder in eine
Listbox mit anderen Funktionen, die dann mit dem OK-Button
bestätigt werden müssen. Nehmen Sie hierfür einen extra
Button "Speichern". Oder: Verwechseln Sie nicht die
für "non-exclusive" oder "exclusive
choices" vorgesehenen graphischen Dialogelemente. Oder:
Kreieren Sie auf keinen Fall Icons für selten benutzte
Funktionen wie "Beenden" o.ä. Auf Icons werden nur
solche Funktionen gelegt, die sehr häufig gebraucht
werden. Oder: Verwenden Sie nicht Message-Fenster-Rahmen
für Fensterrahmen, die für Eingabefelder verwendet werden,
usw.
Arbeitsschritte fürs
Menü-Design
Hier wird davon ausgegangen, daß Sie den
sogannten "CUA"-Standard verwenden (unter Windows),
also eine horizontale Menüleiste als 1. Ebene und danach
vertikale Menü-Fenster. Buttons und Icons in Masken für
Folgemasken gehören ebenfalls zur Menüstruktur.
Jetzt ist der Teil 14 der ISO-Norm 9241
wichtig (siehe allgemeine Hinweise zur Bearbeitung weiter
unten).
- Lesen Sie die Norm durch und machen
sich mit Ihr vertraut. Versuchen Sie, so viel wie
möglich im Kopf zu behalten und
- entscheiden Sie sich, welche
Menüpunkte Sie in die "CUA"-Form bringen
möchten und welche Sie in Masken aufnehmen.
Tip: Versuchen Sie mit 2 vertikalen
Folge-Ebenen auszukommen. Alles andere verwirrt. Wenn Sie mit
einer auskommen, umso besser. Machen Sie dafür lieber einen
horizontalen Menüpunkt mehr. Achten Sie auf Ausgewogenheit
zwischen "CUA"-Menübereich und Masken-Buttons z.B.
für Folgemasken. Jedes weitere Aufklappen von vertikalen
Ebenen oder Fenstern führt zu unnötigen Dialogschritten.
Überlegen Sie, ob Sie Folgemasken nicht lieber im
"CUA"-Teil platzieren.
- Machen Sie die Maskenverzweigungen.
Dies können Sie selbst vornehmen, denn Sie haben ja
die Informationen über die Unteraufgaben.
- Versuchen Sie Gruppen zu bilden, die
Ihnen selbst logisch erscheinen und solche, die Sie
aufgrund der Ihnen vorliegenden Informationen bilden
können. Denken Sie an die Unteraufgaben des
Benutzers.
- Danach packen Sie sämtliche
allgemeine Systemfunktionen (wie Speichern) in das
CUA-Menü Datei-Bearbeiten.
- Legen Sie die speziellen (häufiger
gebrauchten) Funktionen (als Endpunkte der
Menühierarchie) in die Masken auf Buttons. Dies
könnte z.B. Ausdrucken betreffen, Sortieren, oder
Suchen.
Tip: Wie gesagt, auch bei solchen Buttons
gilt das Prinzip, vermeiden Sie möglichst Folgemasken.
Machen Sie stattdessen die Masken größer.
- Importance - Diese Items
beinhalten die Formulierung: Wenn irgendetwas
besonders wichtig ist (z.B. schnelles Auffinden
von Menüpunkten bei der Maskenbearbeitung,
Gruppieren von Punkten), dann soll das oder jenes
berücksichtigt werden.
Tip: Hier kommen Sie nicht ohne die
oben erwähnten Benutzerbefragungen/-beobachtungen
aus. D.h., Sie können nur entscheiden, ob Sie
ergonomisch sind, wenn Sie diese Unterlagen haben. Im
obigen Fall brauchen Sie eben die Information über
Unteraufgaben und darauf die bezogene
Maskengruppierung. Dann erst können Sie den
Normen-Punkt bearbeiten und entscheiden, ob Sie mit
der Gruppierung richtig gehandelt haben.
- Hardware/Software Features - Diese
Items beinhalten Formulierungen wie: Wenn das
oder jenes benutzt wird (z.B. Short Cuts), dann
muß das oder jenes eingehalten werden.
- Zu testende Items - Diese Items
beinhalten Formulierungen wie: Wenn das oder
jenes bekannt ist (z.B. die Häufigkeit der
Benutzung von Funktionen), dann muß dieses oder
jenes eingehalten werden.
- "Sollte"-Items - Diese
Items beinhalten Formulierungen mit
"should" ("sollte").
Tip: Wenn Sie eine gute Begründung
für deren Nicht-Einhaltung finden, brauchen Sie sie
nicht zu berücksichtigen. Allerdings immer mit der
Intention, ergonomisch sein zu wollen. Diese
Kategorie kann ebenfalls meistens alleine bearbeiten
werden (ohne den Benutzer).
- "Soll"-Items - Diese
Items müssen in jedem Fall eingehalten werden.
Reihenfolge:
- Gehen Sie zuerst alle
"Soll"-Punkte der Kategorie 5 durch. Die
müssen auf jeden Fall eingehalten werden. Diese
Punkte werden Sie beim Durchgehen der Items sofort
erkennen an dem Wort "shall". Bearbeiten
Sie die Items, so weit Sie mit vorliegenden
Informationen kommen.
- Schauen Sie sich dann alle Items des
Teils 14 durch, die zur Kategorie 2 und 4 gehören,
also die Items, die Sie für sich bearbeiten können.
- Überlegen Sie sich bei diesen
Kategorien (Features), ob Sie die erwähnten Features
auch benötigen. Wenn ja, überprüfen Sie die
Checklisten-Punkte.
- Nehmen Sie dann Kategorie 1 und 5 und
versuchen Sie, die Checklisten-Punkte zunächst mit
Hilfe der vorliegenden Information zu lösen
(Befragungen und/oder Arbeitsplatzbeschreibungen).
Falls Sie nicht weiterkommen, dann müssen Sie
nochmal auf den Benutzer zugehen.
- Zuletzt arbeiten Sie Kategorie 3 ab.
Dazu müssen Sie Usability-Tests durchführen, die
jetzt beschrieben werden.
Usability-Tests
Für die Menüstruktur - die Zetteltechnik:
Mit dieser Vorgehensweise können Sie Ihre
Menüstruktur verbessern.
- Zeigen Sie dem Benutzer Ihre gemalte
Menüstruktur zunächst ohne Funktionsbeschreibung.
Fragen Sie Ihn nach seiner Meinung, ob er die Punkte
versteht, bzw. welche Funktionalität von ihm
erwartet wird.
- Zeigen Sie ihm dann die
Funktionsbeschreibungen. Sollte er nicht
einverstanden sein, zerschneiden die Struktur in
einzelne Zettel und lassen den Benutzer seine
eigene Struktur legen. Dies könnte vor allen
Dingen bei der Maskengruppierung notwendig sein.
Tip: Die gleiche Vorgehensweise kann man auch
bei den Feldanordnungen praktizieren. Bitte beachten Sie, daß
die Hinweise vom Benutzer nicht immer ergonomisch sein müssen.
Weitere Tests:
Diese Tests können angewendet werden, wenn Sie
den Benutzer mit Ihrer Menüstruktur vertraut gemacht haben.
- Erkennen von Menüfunktionen: Mit dieser
Vorgehensweise können Sie die Bennung von Menü-Punkten
verbessern.
Bei der Benennung von Menüpunkten kann der
Benutzer nach der dahinterstehenden Funktionalität gefragt
werden. Falls er nicht weiß, was dieser Menüpunkt macht,
sollten Sich sich überlegen, ob eine andere Bennungen nicht
vorteilhafter wäre.
- Erinnern von Menüpositionen: Mit diesem
Test können Sie die Platzierung von Menü-Punkten
überprüfen.
Memory-Technik: Eine andere Methode, um
Schwierigkeiten beim Auffinden von Menü-Punkten zu
entdecken: Spielen Sie das Memory mit Ihrer Menüstruktur.
Nennen Sie dem Benutzer bestimmte Funktionen oder Masken und
lassen Sie ihn die Position aus dem Gedächtnis aufsagen.
Danach lassen Sie ihn die entsprechende Karte (den
Menü-Punkt) aufdecken, anschauen, verifizieren und
zurücklegen. Registrieren Sie handschriftlich (oder per
Video) Schwierigkeiten. Sie werden merken, wie schwer das
Erinnern von Positionen sein kann. Machen Sie das mit allen
Menü-Punkten.
Icon
Testmöglichkeiten:
Durch die Tests bekommen Sie wichtige
Hinweise über das Verständnis des Benutzers von Icons und
ob diese Icons "usable" oder bedienbar sind.
- Objekterkennung - kann der Benutzer
erkennen, was auf den Icons dargestellt wird (wenn er
es zum erstenmal sieht).
- Objekterinnerung - kann der Benutzer
sich an die Darstellungweise eines Objekts (z.B.
Dokument) erinnern.
- Funktionsererkennung - kann der
Benutzer definieren, was das Icon macht (wenn er es
zum erstenmal sieht).
- Funktionserinnerung - kann der
Benutzer sich bei Ausführen einer Funktion mit dem
System erinnern, wie das Icon gestaltet war und wo es
platziert ist.
(für Felder oder Buttons kann in
abgewandelter Form kann die Erkennung der Funktionalität und
Erinnerung von Buttonpositionen überprüft werden)
Erkennung
- Bei der Objekterkennung (1) wird dem
Benutzer das Icon vorgelegt/präsentiert und die Zeit
gemessen, die vergeht, bis der Benutzer richtig
herausgefunden hat, was das Objekt darstellt (ohne Hilfe
des Entwicklers).
- Bei der Funktionserkennung (3) wird ebenso
das Icon vorgelegt und ab diesem Zeitpunkt
gewartet/gemessen, bis die Funktion angesagt wurde.
- Bei beiden Tests können die Objekte
mehrmals vorgelegt werden. So kann man die Zeitdauer
nehmen, bis das Icon "quasi auf Anhieb
verstanden" wird.
- Nach einer Stunde Pause kann dann erneut
überprüft werden. Jetzt werden Sie feststellen, welche
Icons am besten erinnert werden.
Erinnerung
- Bei der Objekterinnerung (2) sagen Sie dem
Benutzer den Namen des eigentlichen Objekts, das auf dem
Icon dargestellt wird. Fragen Sie dann, wie das Objekt
auf dem Icon dargestellt wird und messen Sie wieder die
Zeit.
- Bei der Funktionserinnerung (4) zeigen Sie
dem Benutzer das Icon und lassen ihn benennen, was das
Icon macht und wo es in der Applikation zu finden ist.
Sie können auch hier wieder als andere Möglichkeit den
Namen des dargestellten Objekt sagen.
- Beide Tests erfordern, daß der Benutzer
eine gewisse Zeit mit den Icons beschäftigt war und sich
eingearbeitet hat. Nach einer Zwischenzeit von vielleicht
einem Tag wird dann die Erinnerung an die Icons getestet.
Es lassen sich Zeitkriterien angeben, wann ein
Icon ergonomisch gut oder schlecht gestaltet wurde. Um es aber
einfacher zu machen, sollte das Kriterium sein, das der Benutzer
sich sofort innerhalb von 1-2 sec erinnern kann . D.h., mit einer
Geschwindigkeit, die einer normalen Reaktionszeit vergleichbar
ist.
Falls Sie unsicher hinsichtlich der
Reaktionszeiten sind, können Sie vom Benutzer selbst erfahren,
ob er Probleme hatte, das Icon zu erkennen, und ob er sich
stärker konzentrieren mußte.
Falls nach einem Trainingsgang das Icon erneut
nicht erkannt wurde, dann sollten Sie sich überlegen, das Icon
neu zu gestalten. Bleibt bei einem Icon immer eine
Rest-Erkennungsproblem oder Rest-Erinnerungsproblem (auch nach
Meinung des Benutzers), dann sollte Sie überlegen, den
parallelen Menüpunkt gut zugänglich zu machen und auf das Icon
zu verzichten.
Software-Ergonomie
mit FoxPro
(c)1994 Wolfgang Schneider